Grabstein 32 - Grabsteininschriften

Grabsteininschrift Vorderseite
DENKSTEIN
FÜR
ANTON GERDES
WAISENHAUSVERWALTER
IN VAREL
GEB. 1773 NOV 4
GEST. 1836 JULI 25
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VON SEINER GATTIN
Grabsteininschrift Rückseite
FRIEDE SEI MIT EUCH
UM DIESEN GRABSTEIN HER!
SANFTER FRIEDE GOTTES!
ACH SIE HABEN
EINEN GUTEN MANN BEGRABEN
UND MIR WAR ER MEHR
Biografische Hinweise zu Johann Anton Gerdes
Anton Gerdes (4.11.1773 – 25.7.1836) war Amtsverwalter des Waisenhauses zu Varel. Die Bestallung als Amtsverwalter bedeutete eine wichtige Position im Amt Varel. Johann Anton Gerdes war verantwortlich für die Personalführung und alle wirtschaftlichen Belange des Waisenhauses.
Aus der Ehe mit Sophie Katherine Gristede (23.1.1778 in Brake – 21.9.1847 in Varel) ging die Tochter Sophie Cathrine (21.2.1803 in Steinhausen – 2.12.1847) hervor, die wiederum mit dem Kirchjurat und Landmann Johann Heinrich von Tungeln (1.8.1796 -6.11.1839) verheiratet war. Mit ihm hatte sie drei Kinder, von denen zwei schon im Kindesalter starben.1)
Die äußere Gestaltung des Grabsteins Nummer 32
Auch das Grabmal von Johann Anton Gerdes ist in der klassizistischen Form einer Säule gehalten. Auf dem Vareler Friedhof befinden sich in dieser Reihe drei fast identische säulenförmige Steine (H. A. Rabe, A. H. Mencke und A. Gerdes). Mit der Abweichung, dass dieses Grabmal einen Aufsatz entbehrt. Das könnte dafürsprechen, dass dieser Stein unvollständig ist und eine früher vorhandene aufgesetzte Urne oder ein Kreuz abhandengekommen ist.
Ein auffälliger Traditionsbruch des Klassizismus gegenüber der Barockzeit verdeutlicht sich in der Inschrift. Handelte es sich bei den so genannten Leichtexten vornehmlich um biblische Psalmen, kommt die Inschrift dieses Grabsteins sehr weltlich daher. Obgleich im Klassizismus „der Tod als Schlaf interpretiert wurde, bestimmten Wehmut und Trauer die klassizistischen Grabmale. Abschiedsschmerz und das Leid der Hinterbliebenen wurden appelativ vorgetragen. Die Grabmäler zielen auf einen Betrachter, der nun nicht mehr im Glauben gestärkt, sondern zum Mitleiden und zur empfindenden Anteilnahme aufgefordert wird. … Im Mittelpunkt der klassizistischen Aufmerksamkeit steht die Trauer der Hinterbliebenen.“2)
In allen in der ‚Allee der alten Steine‘ dokumentierten Grabsteinen „zeigt sich ein selbstbewusster Protestantismus, der seinen Reichtum und sein Prestige offen zur Schau stellte.“3)
Die Kennzeichnung und hochwertige Gestaltung war ein Privileg der Oberschicht, „während die einfachen Bewohner des Landes (häufig) auf einem separaten Teil des Friedhofes ohne Aufsehen und Grabstein beigesetzt wurden.“ Es wird deutlich, „wie unterschiedlich in Ausführung, Anspruch und künstlerischer Qualität die Grabzeichen im 16., 17. und 18. Jahrhundert sein konnten, wenn überhaupt welche gesetzt wurden.“4)
„Auf vielen evangelischen Friedhöfen sind die Grabstätten der einfachen Menschen ohne Kennzeichnung geblieben.“
Quellenangaben:
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Ortsfamilienbuch Varel, Datenerhebung: Annemarie Schrage, Buchstabe G
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Grabkultur in Deutschland, ebenda, Seite 71/72
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Grabkultur in Deutchland, ebenda, Seiten 25/26
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Grabkultur in Deutschland, ebenda, Seite 27